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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 15 WF 242/08
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 9
1. Nach Einführung des Gruppenmodells mit festen Stundensätzen (§ 9 Abs. 1 JVEG) kann angesichts einer Zuordnung der Sachverständigentätigkeit zu einem in der Anlage 1 zum JVEG geregelten Sachgebiet nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, es müsse ein geringeres Honorar festgesetzt werden, weil ein besonderer Schwierigkeitsgrad nicht erkennbar sei.

2. Bei einer plausiblen Begründung des Zeitaufwandes durch den Sachverständigen reicht ein pauschaler Hinweis der Partei nicht aus, der Zeitaufwand sei nicht nachvollziehbar. Die dem Sachverständigen zweitinstanzlich aufgegebene Ergänzung des Gutachtens ist jedenfalls dann zu vergüten, wenn von einem fehlerhaften Ausgangsgutachten nicht gesprochen werden kann.


15 WF 242/08 10 UF 163/06

Beschluss

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Einzelrichter am 15. Oktober 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung der Antragstellerin gegen die Kostenrechnung vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Parteien haben im Scheidungsverbundverfahren u. a. über einen Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin gestritten.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat im Einvernehmen mit beiden Parteien ein Sachverständigengutachten über den Wert der Apotheke des Antragsgegners von dem u. a. für die Bewertung von Apotheken öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen F eingeholt. Der Sachverständige hat noch unter der Geltung des ZSEG das Gutachten nach einem vereinbarten Pauschalhonorar in Höhe von 9.150,00 € zzgl. Mehrwertsteuer erstattet.

Der Antragsgegner ist zur Zahlung eines Zugewinns in Höhe von gut 90.000,00 € verurteilt worden.

Im Berufungsverfahren sind zu einzelnen Punkten der Bewertung der Apotheke ein weiteres Gutachten des Rechtsanwalts und Steuerberaters U zu steuerlichen Fragen sowie ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen F eingeholt worden, das diese - nunmehr nach dem JVEG - am 23. März 2007 mit 1.133,89 € (Honorargruppe 5) bzw. am 04. Juni 2007 mit 775,91 € ("Höchstsatz wegen des besonderen Schwierigkeitsgrades..... 95,00 €") in Rechnung gestellt haben.

Beide Sachverständigen sind auf Antrag der Antragstellerin zur Erläuterung der Gutachten geladen worden. Sie haben insoweit ergänzend unter dem 05. November 2007 mit 857,81 € (Sachverständiger U, Honorargruppe 5) bzw. unter dem 05. Dezember 2007 mit 3.980,26 € (Sachverständiger F, Honorargruppe 10) abgerechnet.

Insgesamt sind in der Berufungsinstanz somit Sachverständigenkosten in Höhe von 6.747,87 € abgerechnet worden, die der Antragstellerin durch die angefochtene Kostenrechnung vom 23. April 2008 entsprechend der Kostengrundentscheidung in dem die Berufungsinstanz abschließenden Urteil vom 27. Februar 2008 in Rechnung gestellt worden sind.

Die Antragstellerin wendet sich mit der Erinnerung gegen den vom Sachverständige F geltend gemachten Stundensatz von 95,00 €. Sie führt dazu aus, ein besonderer Schwierigkeitsgrad sei nicht ersichtlich, zumal die Arbeiten weitgehend von Hilfskräften verrichtet worden seien und in der Abrechnung im Wesentlichen der Zeitaufwand für die An- und Abreise zum Termin enthalten sei. Unabhängig davon seien die Kosten des Sachverständigen nur angefallen, weil das in erster Instanz erstattete Gutachten fehlerhaft gewesen sei. Eine solche "Nachbesserung" könne nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden, insbesondere nicht unter Berücksichtigung der in erster Instanz angefallenen Kosten für das Gutachten. Der Zeitaufwand sei im Übrigen nicht nachvollziehbar. Die Korrektur, die der Sachverständige vorgenommen habe, betreffe einen einfachen und überschaubaren Komplex. Es gehe um eine einfache Überprüfung von Buchungsvorgängen, die auch Hilfskräfte erledigen könnten.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Erinnerung ist zulässig.

Da es an einer richterlichen Festsetzung der Sachverständigenvergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG fehlt, kann eine Partei sich gegen den Ansatz der Vergütung oder Entschädigung nur durch die Erinnerung gegen die Gerichtskostenrechnung gemäß § 66 GKG wenden (Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, Rz. 23 zu § 4 JVEG m. w. N.), auch zur Klärung der Frage, ob Sachverständigengelder überzahlt worden sind (Hartmann, a. a. O., Rz. 20 am Ende zu § 66 GKG).

Die Erinnerung ist jedoch unbegründet.

Das Gesetz sieht in § 9 Abs. 1 JVEG i. V. m. der Anlage 1 als Kernstück der seinerzeitigen Kostenrechtsreform die Zuordnung der Leistungen, die von Sachverständigen erbracht werden, zu verschiedenen Honorargruppen mit festen Stundensätzen vor. Die Einführung des Gruppenmodells mit festen Stundensätzen sollte nicht nur die nach bisherigem Recht komplexe Ermittlung des Stundensatzes innerhalb des Entschädigungsrahmens nach § 3 Abs. 2 ZSEG ersetzen, dessen Höhe nach den häufig für den Festsetzungsbeamten, aber auch für den Richter im gerichtlichen Festsetzungsverfahren nur sehr schwierig zu beurteilenden Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu bemessen war. Als weitere wesentliche Änderung fielen auch die gesonderten Zuschläge weg, die das bisherige Recht für eine im Einzelfall erforderliche eingehende Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Lehre, im Fall einer zeitintensiven oder häufigen Heranziehung mit nicht zumutbaren Erwerbsverlusten oder im Fall der Erzielung von mindestens 70 % der Berufseinkünfte aus der Tätigkeit als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger im § 3 Abs. 3 ZSEG vorsah.

Es geht also für die Entschädigung nach dem JVEG lediglich um die Zuordnung zu einem bestimmten Sachgebiet; Schwierigkeiten treten nur insoweit auf, als eine Zuordnung zu mehreren Honorargruppen in Betracht kommt.

Diese Schwierigkeit gibt es hier nicht. Nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG sind Unternehmensbewertungen in die höchste Honorargruppe 10 mit einem Stundensatz von 95,00 € einzuordnen. Nichts anderes hat der Sachverständige getan. Dabei hat er diesen Stundensatz nur für eigene Tätigkeiten in Rechnung gestellt und die Entschädigung für Hilfskräfte und Fahrtkosten pp. gesondert abgerechnet. Beim Zeitaufwand ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige schon im ersten Rechtszug auf den erheblichen - auch zeitlichen - Aufwand für die Erstattung des Gutachtens besonders hingewiesen hatte (Schreiben vom 15. November 2001, Bl. 89 d. A.), was letztlich zu der Pauschalvereinbarung des Honorars geführt hat. Ferner lag der Zeitpunkt der Erstellung des ersten Gutachtens im ersten Rechtszug (23. April 2002) zum Zeitpunkt der Beauftragung zur Ergänzung im März 2007 fast fünf Jahre zurück, was eine grundlegend neue Einarbeitung erforderte. Schließlich hat der Sachverständige in seinem Schreiben vom 15. November 2007 (Bl. 643 d. A.) nachvollziehbare Schwierigkeiten beim Auffinden diverser Positionen dargelegt. Vor diesem Hintergrund ist der pauschale Hinweis der Antragstellerin, der mit 29,83 Stunden angesetzte Zeitaufwand sei nicht nachvollziehbar, unsubstantiiert. Schließlich kann von einem fehlerhaften Gutachten erster Instanz mit der Folge, dass Kosten evtl. niederzuschlagen sind, nicht gesprochen werden.

Derartiges ist auch im ersten Rechtszug nach Vorliegen des Gutachtens weder geltend gemacht worden noch ersichtlich. Der Antragsgegner hat im Schriftsatz vom 06. Februar 2003 nach Vorliegen des Gutachtens Lieferantenverbindlichkeiten von 213.489,12 DM behauptet, die der Sachverständige gar nicht habe berücksichtigen können (Bl. 124 Unterakte Zugewinn). Das Amtsgericht - Familiengericht - hat in seinem Urteil vom 20. Juni 2006 (S. 10 unter e) die entsprechenden Darlegungen als nicht schlüssig angesehen. Das Berufungsgericht hat den Lieferantenverbindlichkeiten nachgehen wollen.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Ende der Entscheidung

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